Bundesbeauftragte, Laien, Betroffene und Stadtdechanten kritisieren Erzbistum

Experten und Opfer: Kölner Erklärung zu PR-Strategie reicht nicht

  • Als unzureichend bewerten Experten und Missbrauchs-Betroffene die Erklärung von Generalvikar Guido Assmann zur PR-Strategie bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln.
  • „Diese Erklärung reicht nicht aus“, sagte die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus.
  • Auch Vertreter von Missbrauchs-Betroffenen und Laien kritisierten das Erzbistum.

Anzeige

Als unzureichend bewerten Experten und Missbrauchs-Betroffene die Erklärung von Generalvikar Guido Assmann zur PR-Strategie bei der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln. „Diese Erklärung reicht nicht aus“, sagte die Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Kerstin Claus, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Tim Kurzbach, Vorsitzender der Laienvertretung im Erzbistum, sprach im Deutschlandfunk von einer schwer erträglichen Situation, die dem Erzbistum und der ganzen Kirche schade.

Vergangene Woche hatte der „Stadt-Anzeiger“ aus internen Papieren von PR-Beratern des Erzbistums berichtet. Demnach rieten sie unter anderem, den Betroffenenbeirat auf die Linie des Erzbistums zu bringen mit Blick auf den Gutachter-Wechsel bei der Aufarbeitungsstudie im Oktober 2020.

Bundesbeauftragte Claus: Grenzen wurden überschritten

So sollten Kardinal Rainer Maria Woelki und der damalige Generalvikar Markus Hofmann in einer anstehenden Sitzung mit Betroffenen „Emotionen“ zeigen und „Joker“ in der Hinterhand haben. Ein „Joker“ könne sein, sich für zügigere Zahlungen von Leistungen zur Anerkennung erlittenen Leids einzusetzen. Am Mittwoch dieser Woche hatte Generalvikar Assmann den Vorwurf der Instrumentalisierung von Betroffenen zurückgewiesen und den Medien Skandalisierung vorgeworfen.

Die Bundesbeauftragte Claus kritisierte die Idee der „Joker“. Jeder, der „im Kommunikationsbereich tätig ist, muss sich im Klaren sein, dass mit solchen Vorschlägen Grenzen erreicht, wenn nicht überschritten werden. Und deswegen dürfen solche Empfehlungen zulasten von Betroffenen nicht Grundlage für institutionelle Entscheidungen sein“, sagte sie.

Laienvertreter für neue Woelki-Auszeit: Gerne etwas länger

Laienvertreter Kurzbach sagte, auch ein Erzbischof dürfe sich beraten lassen. Es komme jedoch auf die Wertehaltung einer Führungsperson an, ob sie Vorschläge annehme oder nicht. Der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken forderte Konsequenzen: „Das Mindeste muss sein eine nächste Auszeit – und die kann dann auch gerne etwas länger dauern.“

Papst Franziskus hatte Woelki im Herbst in eine mehrmonatige Auszeit geschickt und ihn später aufgefordert, seinen Rücktritt anzubieten. Über den Amtsverzicht muss der Papst noch entscheiden.

Betroffener: Fühle mich absolut nicht ernst genommen

Zuvor hatte auch der frühere Sprecher des Betroffenenbeirats im Erzbistum, Patrick Bauer, Assmanns Stellungnahme kritisiert. „Ich fühle mich wieder einmal absolut nicht ernst genommen“, sagte er der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): „Dr. Assmann spricht von Transparenz, die nicht gegeben war, zu keinem Zeitpunkt.“

Der neue Generalvikar hatte in seiner Erklärung geschrieben, die Betroffenen hätten ein „berechtigtes Interesse an Transparenz“. Ihre Perspektive sei „immer und ausschließlich“ handlungsleitend für das Erzbistum gewesen.

Bauer hingegen, der an besagtem Treffen der Betroffenen mit Woelki und Hofmann teilgenommen hatte, sprach von einer „durchgestylten“ Sitzung. Später sei ihm klar geworden, dass das Erzbistum die neuen Gutachter zum Zeitpunkt des Treffens bereits beauftragt hatte: „Das hat nichts mit Transparenz zu tun.“

Remscheider Stadtdechant kritisiert das „Vorschicken“ Assmanns

Der Remscheider Stadtdechant Thomas Kaster zeigte sich verärgert, dass Woelki bei der jüngsten Erklärung seinen Generalvikar vorgeschickt habe. „Im Ergebnis ist das eine Katastrophe“, sagte Kaster dem „Remscheider Generalanzeiger“. Er wisse nicht, was Franziskus bewege, die Entscheidung über den Kardinal so lange offen zu lassen. „In der Situation, in der das Bistum sich befindet, kann uns das das Genick brechen.“

Der Wuppertaler Stadtdechant Bruno Kurth begrüßte die Erklärung Assmanns; sie sei aber nur ein erster Schritt: „Es bleibt immer noch der Vorwurf, dass der Beirat instrumentalisiert worden ist“, sagte Kurth der KNA.

Update 12.50 Uhr: Stadtdechanten Kaster und Kurth am Textende ergänzt.

Anzeige